Blinde Flecken
Tatorte des Nationalsozialismus in Mainz
Der „blinde Fleck“ steht seit Sigmund Freud in der Wahrnehmungspsychologie für die (selbst)beschränkte Sicht auf unsere Welt. Der heutige Zustand historischer Gebäude - nicht nur in Mainz - bezeugt diese selektive Sichtweise. Besonders die Konnotation von Gebäuden und Plätzen als Tatorte offen begangener nationalsozialistischer Verbrechen in der Mitte unserer Gemeinwesen, ist meistens nicht ablesbar, erst recht nicht emotional erfahrbar.
Der Brückenschlag mit Hilfe der Tatorte aus der Geschichte zu den weltweit sichtbaren aktuellen rechtspopulistischen und faschistischen, Demokratie und Freiheit bedrohenden Tendenzen in unserer Gesellschaft, wird so aus Gedankenlosigkeit oder zum Teil aktiv verhindert. Die Auswirkungen dieser „Blinden Flecken“ auf unsere Gegenwart sind bereits seit einiger Zeit in unserer Gesellschaft spürbar.
Am 27.01.1945 befreiten Truppen der Roten Armee das Vernichtungslager Auschwitz. Dieser Ort steht wie kein anderer für das nicht vorstellbare Grauen des industriellen Massenmordes an sechs Millionen Juden durch den Nationalsozialismus. Die Zeitzeugen und Überlebenden der Shoa verstummen allmählich. Ihr Erbe aber muss fortwährende Verpflichtung bleiben - nicht nur durch steinerne Tafeln und bei institutionalisierten Gedenkfeiern.
Im Sommersemester 2020 forschten an der Hochschule Mainz 25 studentische Arbeiten unter szenografisch-performativen und architektonisch-räumlichen Aspekten an Tatorten des Nationalsozialismus in Mainz. Die beteiligten Studierenden gehören alle zu einer Generation, die Erinnerungen an den Nationalsozialismus bei ihren noch lebenden Verwandten erforschen muss und damit selektive Wahrnehmungen aktiv aufbrechen kann. Weitere Informationen und Bilder finden Sie auf unserer Website.