Best Practice Forschungsprojekte
Anwendung moderner Phasenscanner in der Dokumentation antiker Kulturgüter
Themenstellung
Das Projekt untersucht Varianten antiker Kulturgüter bestmöglich zu dokumentieren, neue Informationen abzuleiten, erweiterte Fragenstellungen anhand von Geometrie- und Farbinformationen zu beantworten sowie alle erhaltenen Daten Anwendern auf eine einfache Art und Weise zur Verfügung zu stellen. Am Beispiel eines byzantinischen Mühlen- und Werkstattkomplexes in Ephesos/Türkei wird die Vermessung, Analyse und Präsentation für dieses Projekt untersucht. Während der bereits über 100 Jahre zurückreichenden Forschungen des ÖAI in Ephesos wurde in den 1970er und 80er Jahren im Hanghaus 2 der Befund eineswassergetriebenen Mühlenkomplexes aus dem 6./7. Jahrhundert entdeckt. Das Hanghaus 2 ist eine von zwei ausgegrabenen Wohnanlagen, an deren Westseite sich mehrere hintereinander geschaltete Werkstätten befinden, die durch Wasserräder erzeugte Energie nutzten. Die Untersuchung der Werkstatteinheiten sowie ihrer Funktions- und Bauweise ist Ziel des Projekts am RGZM und wird durch die geometrische Aufnahme des Baubefundes vom i3mainz wesentlich unterstützt.
Lösungsansatz
Die Werkstätten decken eine Fläche von etwa 1.000 m² ab und zeichnen sich durch teilweise noch bis in 5 m Höhe erhaltene Mauern aus. Gerade in den extrem schmalen Wasserradgerinnen neben den Werkstätten wäre mit herkömmlicher Vermessung eine detaillierte Aufnahme nur mit viel Aufwand realisierbar. Der Einsatz eines terrestrischen 3D-Laserscanners ist hingegen eine effektive Möglichkeit, komplexe Bauwerke problemlos und verlustfrei zu vermessen. Der 3D-Laserscanner erfasst im Panoramaverfahren berührungslos 3D-Punkte seiner Umgebung. Zusätzlich wurden mit einer digitalen Spiegelreflexkamera Panoramabilder aufgenommen, um die Punktwolke einzufärben.Ergebnisse
Das Ergebnis der Vermessung vor Ort ist eine kolorierte 3D-Punktwolke des gesamten Werkstattkomplexes in einem einheitlichen Koordinatensystem. Sie dient als räumliche Datengrundlage für Interpretationen, Rekonstruktionen und Visualisierungen. Die hochauflösende Aufnahme bietet die Möglichkeit, die Daten im Nachhinein zu betrachten und den Werkstattkomplex virtuell am Bildschirm zu betreten. Neben der Generierung von Plänen aus der Punktwolke in verschiedenen Maßstäben für wissenschaftliche Analysen und Publikationen können bestimmte Fragestellungen gerade durch den hohen Informationsgehalt der Punktwolke anschaulich und wissenschaftlich präzise beantwortet werden. So werden beispielsweise wichtige bautechnische Fragen bezüglich der Wasser zu- und -abfuhr mit Hilfe der Höheninformationen beantwortet. Durch den Einsatz des lizenzfreien Viewers „TruView“ von Leica Geosystems wird die räumliche Punktwolke den Anwendern via Internetbrowser zurVerfügung gestellt. Mit dem Viewer können in der Punktwolke räumliche Maße wie Strecken und Positionen abgegriffen werden.
Anwendung
Antike Bauwerke müssen für die Nachwelt erhalten und gleichzeitig für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Durch das Projekt werden Präsentationsformen von Geometriedaten nicht nur für den Fachanwender erarbeitet, sondern auch durch den Einsatz freier Software für jedermann. Aus den erfassten Daten werden auch virtuelle Rekonstruktionen entstehen, die ein genaues Bild von den Ausmaßen geben. Die Arbeiten dienen der Einsatzerweiterung von 3D-Laserscannern in der Archäologie und Bauforschung. Virtuelle 3D-Modelle ermöglichen die Analyse von Bauwerken im Büro, wodurch die antike Bausubstanz geschützt und dem Bearbeiter zugleich eine flexiblere Interpretation antiker Kulturdenkmäler ermöglicht wird.Eckdaten
Projektleitung:
Prof. Dr.-Ing. Hartmut Müller(i3mainz - Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik)
Beteiligte Personen:
Dipl.-Ing.(FH) Anja CramerLaufzeit:
3 Jahre (Beginn 2010)Finanzierung:
Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz (RGZM)Kooperationspartner:
Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz (RGZM)Österreichisches Archäologisches Institut (ÖAI)
Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW)