Am Anfang stand die Idee von Kerstin Jeppe, ihr Fachwissen aus fünf Semestern im Bachelorstudiengang Geoinformatik und Vermessung in die tägliche Arbeit der Tatortgruppen am Hessischen Landeskriminalamt (HLKA) in Wiesbaden einzubringen. Wesentliche Hindernisse bestanden in den Covid-19-Einschränkungen im Frühjahr 2021. Eine Lösung fand sich unter Einbeziehung des i3mainz in einer Zusammenarbeit als Trio: Nützlich waren dafür der persönliche Kontakt zwischen Prof. Martin Schlüter und Tobias Reich, langjähriger Mitarbeiter am i3mainz, der heute am HLKA im Bereich Tatortvermessung & -dokumentation arbeitet. In den Hochschullaboren mussten zwar strikte Hygieneauflagen beachtet werden, aber experimentelles Arbeiten war immerhin möglich.
Ein spannendes Thema war bald gefunden: Die durch Überwachungskameras erfassten Bilder von Tätern zeigen diese stets in einer verzerrten Perspektive, da die Kameras in der Regel unter der Decke hängen und den Täter von oben fotografieren. Eine Größenbestimmung fällt daher schwer. Das am HLKA angewandte Verfahren basiert auf einer Kombination verschiedener Techniken: der photogrammetrischen Bildmesstechnik, dem 3D-Laserscanning und der virtuellen 3D-Modellierung. Schon während ihres Praxisprojektes am i3mainz und danach im Rahmen ihrer Bachelorarbeit entwickelte Kerstin Jeppe mit Unterstützung von Tobias Reich einen Workflow zur Optimierung dieses Verfahrens. "Für mich war besonders die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Vermessung beziehungsweise Photogrammetrie und Kriminalistik sehr spannend. Durch mein Praxisprojekt und meine Bachelorarbeit konnte ich mein im Studium erlangtes Wissen somit in einem völlig neuen Kontext einbringen und erweitern." so Kerstin Jeppe.
3D-Datensatz der Örtlichkeit (grau schattiert) mit einem eingerechneten Überwachungskamerabild. Integration eines virtuellen Dummy der durch die bekannte Beziehung zwischen dem 3D-Datensatz und der Kamera dem im Bild abgebildeten Täter annähernd entspricht [Links]; Überwachungskamerabild mit dem entsprechend projizierten virtuellen Dummy im Bildbereich des abgebildeten Täters [Rechts] Hessisches Landeskriminalamt, All rights reserved
Bereits 2020 schrieben Jannik Schneider und Tim Andres ihre Masterarbeit in Kooperation mit dem HLKA. Auch sie erhielten dabei Unterstützung durch Tobias Reich und befassten sich mit der photogrammetrischen Rekonstruktion von Unfall- und Tatverläufen. Ziel der Arbeit war einerseits die Ermittlung von optimalen Flug- bzw. Kameraeinstellungen bei der Aufnahme einer Unfallsituation aus der Luft. Die Befliegung mit der UAV führte Denise Becker, Mitarbeiterin am i3mainz, durch. Andererseits befassten sich die beiden Masterstudenten mit der Optimierung der Prozesse bei der Datenerfassung und -auswertung. Dabei achteten sie auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit der Resultate.
Auch in Zukunft will das i3mainz eng mit dem HLKA zusammenarbeiten. In einem hierzu laufenden Antrag auf Projektförderung stehen Themen aus den Bereichen Künstliche Intelligenz sowie Machine- und Deep-Learning im Vordergrund.