The Bisenzio Project ist ein archäologisches Forschungsprojekt des Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) in Mainz und des CNR-ISPC Rom unter der Leitung von Andrea Babbi, bei dem das i3mainz – Institut für Raumbezogene Informations- und Messtechnik die begleitenden Vermessungsarbeiten unterstützt. 2023 fand bereits die zweite Ausgrabungskampagne statt. Ziel war es, die Interpretationen von elektromagnetischen Anomalien als Wohn- und Grabstätten durch gezielte Grabungen zu bestätigen oder zu widerlegen. Das internationale und transdisziplinäre Team bestand im Kern aus Bachelor- und Masterstudierenden der Archäologie aus Mainz, Bonn und Freiburg, Studierenden der Restauration aus Berlin und der Schweiz, einem Anthropologen der Universität Padua (Italien) sowie Sarah Hillen, Masterstudentin der Fachrichtung Geoinformatik und Vermessung, Hochschule Mainz.
Die Zusammenarbeit des i3mainz und dem Bisenzio Project begann bereits 2015 mit der Einrichtung eines geodätischen Bezugsrahmens. Im Zuge dessen wurde das lokale Koordinatensystem KaMa-Bisenzio festgelegt sowie 76 Festpunkte neu vermarkt und eingemessen. Im Jahr 2022 fand im aktuellen Projekt die erste Ausgrabungskampagne statt.
Vorbereitung der Sondage für SfM, Foto: Gabriela Thummerer, CC BY-SA 4.0
Das Messgebiet erstreckt sich auf rund 2,5km² am südwestlichen Ufer des Lago di Bolsena nördlich von Rom. Hier liegt die archäologische Fundstätte Bisenzio am gleichnamigen Monte Bisenzio, den umliegenden Feldern und am mittlerweile versunkenen Seeufer. Aktivitäten im etruskischen Bisenzio lassen sich anhand der zahlreichen Funde aus dem Siedlungsgebiet und den umliegenden Nekropolen in die Zeit zwischen Ende des 3. Jahrtausends und Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. einordnen.
Orthomosaik und Höhenmodell einer Sondage, erstellt mittels SfM, Foto: Sarah Hillen, CC BY-SA 4.0
Die Aufgaben im Rahmen der diesjährigen Kampagne waren die begleitenden Vermessungsarbeiten und die Dokumentation von archäologischen Befunden und Funden, wobei alle Daten und Messungen im bekannten KaMa-System geführt werden. Somit können Daten der geophysikalischen Prospektionen, Interpretationen und eingemessene archäologische Befunde und Funde in einem GIS räumlich in Bezug zueinander gebracht werden. Ebenfalls dienen die dreidimensionalen Geodaten dazu, Beziehungen zwischen einzelnen Funden zu deuten oder auf menschliche Eingriffe oder natürliche Ereignisse zu schließen. Durch regelmäßige Dokumentation von forschungsrelevanten Schichten mittels Photogrammetrie konnten die voranschreitenden Ausgrabungsarbeiten bildlich und maßstäblich festgehalten werden. Zeitaufwändige händische Zeichnungen im Feld konnten so teilweise ersetzt werden.
Texturiertes 3D-Modell einer freigelegten Mauer, erstellt mittels SfM, Foto: Sarah Hillen, CC BY-SA 4.0
Die Vorbereitungen zur Messkampagne 2023 in Bisenzio begannen bereits mehrere Monate im Voraus. In Gesprächen mit Andrea Babbi wurden Anforderungen an die Vermessung diskutiert und die Zusammenarbeit besprochen. Anja Cramer und Margaritha Vogt von der Hochschule Mainz testeten gemeinsam mit Sarah Hillen die Dokumentationsverfahren und die Auswertesoftware und prüften die Instrumente. Benjamin Streubel vom LEIZA führte im Vorfeld das gesamte Team in die Grabungsdokumentation mit der open Source Software QGIS ein.
Der Tachymeter im Einsatz, Foto: Gabriela Thummerer, CC BY-SA 4.0
Vom 19. Juli bis 1. Oktober führte Sarah Hillen die begleitenden Vermessungsarbeiten zur zweiten Ausgrabungskampagne durch. In den ersten Tagen erkundete sie das Messgebiet und prüfte die vorhandenen Festpunkte von 2015. Das Gebiet der Ausgrabung grenzt an zwei Seiten an Olivenhaine, sodass keine direkte Sichtverbindung zu Festpunkten besteht. Ausgehend von dem bestehenden Festpunktfeld richtete sie daher für die Dauer der Ausgrabung temporäre Punkte ein. Nachdem Sarah Hillen die anhand der elektromagnetischen Anomalien festgelegten rechteckige Grabungsschnitte mittels Tachymeter abgesteckt hatte, konnte die Ausgrabung beginnen.
Die Vermessungs- und Dokumentationsarbeiten fanden im engen Austausch mit dem Leiter Andrea Babbi sowie den Studierenden der Archäologie statt. Während der sechswöchigen Ausgrabung bestimmte die Vermessungsstudentin die Lage und Höhe von Einzelfunden und vermaß Abgrenzungen und Höhen von Bodenschichten (Kontexte) tachymetrisch. Jeder Messpunkt hat 3D-Koordinaten im KaMa-System und eine lokale Tiefe bezogen auf das Urgelände.
Eine weitere zentrale Aufgabe war es, freigelegte Funde und Kontexte mittels Photogrammetrie und dem Verfahren Structure from Motion (SfM) zu dokumentieren. Mit entsprechender Software erstellte Sarah Hillen georeferenzierte digitale 3D-Modelle, Höhenmodelle (DEM) und Orthomosaike der Sondagen. Für die Georeferenzierung der Daten dienten eingemessene Targets, die sie vor der photogrammetrischen Aufnahme in der Sondage platziert hatte.
Alle 2023 erfassten Geodaten wurden vor Ort in einem Desktop GIS überprüft und verwaltet und dienen später zur archäologischen Auswertung in Kombination mit den vorhandenen Daten.
Autorin:
Sarah Hillen, Studentin der Fachrichtung Geoinformatik und Vermessung