Das waren die beiden Fragen, die am Dienstag (26.9.2023) bei einem Filmabend im CAPITOL Filmtheater in Mainz mit Podiumsdiskussion im Zentrum standen. Die Hochschule Mainz zeigte in Kooperation mit dem Hugo-Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung den Film „Sorry, we missed you“ von Ken Loach. Er behandelt die prekären Beschäftigungsbedingungen in der Paket- und Pflegebranche, aber auch deren Auswirkungen auf das Leben einer ganz normalen Familie in England. Rund 100 Gäste folgten der Einladung zum ersten Teil der Reihe „Arbeit im Film“.
Im Anschluss diskutierten Vertreter der Landtagsfraktionen in Rheinland-Pfalz (Daniel Köbler – B‘90/Die Grünen; Michael Simon – SPD; Torsten Welling – CDU) mit Andreas Schumann (Vorsitzender des Bundesverbandes der Kurier-Express-Post-Dienste), Corinne Schneider (ver.di) sowie Piotr Mazurek (Branchenkoordinator Kurier- und Paketdienste & Berater beim DGB-Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“) die Situation der Paketzustellung in Deutschland. Mazurek berichtete zunächst von den zum Teil eklatanten Arbeitsrechtsverstößen, die ihm in seiner täglichen Beratungspraxis begegnen. Einigkeit bestand unter den Diskutant:innen dann auch darin, dass in der Branche Missstände in Bezug auf die Arbeitsbedingungen bestehen – auch wenn der Grad dieser Missstände durch den Arbeitgeberverband naturgemäß anders eingeschätzt wird als von Gewerkschaftsseite. Auch hinsichtlich der Mittel für eine Verbesserung der Bedingungen bestanden unterschiedliche Ansichten: Während Schumann auf die konsequente und umfassende Weiterentwicklung bereits bestehender Regelwerke verwies und beispielsweise den Einsatz digitaler Tachografen und Tarifverhandlungen in der Branche vorschlug, bekräftigte Schneider die ver.di-Forderung nach einem Werkvertragsverbot im Kernbereich der Tätigkeit der Branche – also dem Zustellen von Paketen, um für klare Verantwortlichkeiten und Transparenz zu sorgen. Vonseiten der Politik sprachen sich Simon und Köbler ebenfalls klar für eine solche Maßnahme aus und auch Welling zeigte deutliche Sympathien für eine solche Lösung, sofern keine weniger einschneidende Regelung gefunden werden könne.
Zur rechtlichen Einordnung des Vorschlags stellten Anneliese Kärcher und Prof. Dr. Manfred Walser von der Hochschule Mainz kurz ihre vom HSI in Auftrag gegebene Studie zur Vereinbarkeit eines solchen Direktanstellungsgebotes in der Paketzustellung mit dem Verfassungs- und Unionsrecht vor.
Durch den Abend führte Dr. Amélie Sutterer-Kipping vom HSI. Das Grußwort sprach Prof. Dr. Susanne Weissman, Präsidentin der Hochschule Mainz.
Die nächste Veranstaltung der Filmreihe wird am 18.3.2024 anlässlich des Equal Pay Days im LUX-Pavillon der Hochschule Mainz stattfinden. Gezeigt wird der Film „WE WANT SEX“ von Nigel Cole, der vor allem die Arbeitsbedingungen von Frauen thematisiert.
Die Studie zur Verfassungs- und Europarechtskonformität eines Direktanstellungsgebots in der Paketzustellung ist hier abrufbar.