Ausstellung im LUX-Pavillon im Herbst 2020 Am 27. Januar 1945 befreiten Truppen der Roten Armee das Vernichtungslager Auschwitz. Dieser Ort steht wie kein anderer für das nicht vorstellbare Grauen des industriellen Massenmordes an sechs Millionen Juden durch den Nationalsozialismus. Die Zeitzeugen und Überlebenden der Shoa verstummen allmählich. Ihr Erbe aber muss fortwährende Verpflichtung bleiben – nicht nur durch steinerne Tafeln und bei institutionalisierten Gedenkfeiern.
Projekt
Im Sommersemester 2020 forschten an der Hochschule Mainz 27 Studierende des Studiengangs Innenarchitektur unter der Leitung von Prof. Antje Krauter und Prof. Wolf Gutjahr unter szenografisch-performativen und architektonisch-räumlichen Aspekten an Tatorten des Nationalsozialismus in Mainz. Unterstützt wurden die Projekte durch die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz, das Haus des Erinnerns in Mainz und weitere Mainzer Institutionen sowie Bürgerinnen und Bürger.Ausgezeichnete Arbeiten
Am 7. Juli 2020 fand – in direkter Nachbarschaft zu gleich mehreren Tatorten – im LUX, dem zentralen Ausstellungspavillon der Hochschule Mainz in der Ludwigsstraße, eine Jurierung der studentischen Projekte mit allen Beteiligten statt. Jurymitglieder waren neben Prof. Antje Krauter und Prof. Wolf Gutjahr die Vizepräsidentin der Hochschule Mainz, Prof. Dr. Regina Stephan, sowie Dr. Cornelia Doldt (Haus des Erinnerns Mainz) und Angelika Arenz-Morch (Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz). Dabei wurden sechs Projekte prämiert:- Sonderpreis der Hochschule Mainz: „IM WEG“ von Victoria Klettenhofer
- Erwähnung der Jury: „Enge“ von Anastasyia Okshina
- 1. Preis architektonischer Raum: „Versus“ von Zeliha Yüksel
- 2. Preis architektonischer Raum: „Rampe“ und „Spuren in die Zukunft“ von Nina Ludwig
- 1. Preis szenografisch-performativer Raum: „Lichtspielhäuser“ von Ina Bernsdorf
- 2. Preis szenografisch-performativer Raum: „Schwellclub“ von Lukas Kurze
Einsatz für demokratische Werte – gegen das Vergessen
Die jüngsten politischen Ereignisse haben uns allen bewusst gemacht, wie wichtig der alltägliche Einsatz für unsere demokratischen Werte und Errungenschaften ist. Die beteiligten Studierenden gehören alle einer Generation an, die Erinnerungen an den Nationalsozialismus bei ihren noch lebenden Verwandten erforschen muss und damit selektive Wahrnehmungen aktiv aufbrechen kann. Die Konnotation von prominenten Mainzer Gebäuden und Plätzen als Sitz von NS-Institutionen, als Gefängnisse oder Deportationsorte, wie z.B. dem Osteiner Hof am Schillerplatz, dem Dalberger Hof in der Klarastraße oder dem Goetheplatz in der Neustadt als Tatorte offen begangener nationalsozialistischer Verbrechen, ist meistens vor Ort nicht ablesbar, erst recht nicht emotional erfahrbar. Die schon einmal in unserer Gesellschaft zynisch kalkulierte Zerstörung der demokratischen Strukturen und die weitestgehende Durchdringung und Akzeptanz des Faschismus im Alltag gerät so zum (räumlich wie zeitlich) abgeschlossenen und wegrenovierten historischen Ereignis. Der Brückenschlag mit Hilfe der Tatorte in der Mitte unseres Alltags aus der Geschichte der in diesem Land begangenen Verbrechen im 20. Jahrhundert zu den weltweit sichtbaren aktuellen rechtspopulistischen und faschistischen, Demokratie und Freiheit bedrohenden Tendenzen in unserer Gesellschaft wird so aus Gedankenlosigkeit oder zum Teil aktiv verhindert. Die Auswirkungen dieser „Blinden Flecken“ auf unsere Gegenwart sind bereits seit einiger Zeit in unserer Gesellschaft spürbar, auch durch die immer weiter verbreitete rechtspopulistische, geschichtsrevisionistische und marginalisierende Haltung gegenüber der Barbarei des Nationalsozialismus. Von den Studierenden im Rahmen des Projekts bearbeitete Orte- Osteiner Hof / NSDAP-Kreisleitung, SA, SS / Schillerplatz 1
- Dalberger Hof / Polizeigefängnis / Klarastraße 4
- Gerichtsgefängnis / Diether-von-Isenburg-Straße
- Mainzer Außenstelle der Gestapo Darmstadt / Kaiserstraße 31
- „Bücherverbrennung” / Weg des „Fackelzuges” von der Holzstraße zum Jockel-Fuchs-Platz
- Stresemann-Ehrenmal / Fischtorplatz
- Mainzer Dom
- Capitol Kino / Neubrunnenstraße 9
- Geburtshaus Anna Seghers / Parcusstraße 5
- Deportationshäuser / Adam-Karrillon-Straße 13/45, Walpodenstraße 17, Breidenbacherstraße 25, Margarethengasse 19/21/28, Kaiserstraße 32, Frauenlobstraße 4, Taunusstraße 45
- ehemalige Jüdische Bezirksschule / Hauptsynagoge / Synagogenplatz
- Turnhalle der Goetheschule / Colmarstraße
- Turnhalle der Feldbergschule / Feldbergplatz 4
- Zwangsarbeiterlager Goetheplatz
- Güterbahnhof / Mombacher Straße/Goethestraße