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ZAHNSCHMERZEN IN DER QUARANTÄNE

Digitale Herausforderungen im In­ter­na­tio­nal Office

Man musste sich bei verändertem Tagesgeschäft mit Neuem befassen. Das bringt Holprigkeit mit sich. Wir mussten Kameras und Headsets anschaffen, mussten uns mit digitalen Tools beschäftigen, die wir bis dato nur vom Hörensagen kannten. Mussten neue Dinge lernen in einem Umfeld mit so vielen Unbekannten, wie noch nie. Aber durch den Zwang der Situation war Verschieben nicht möglich und wir alle haben gelernt, mit kollabierenden Internetverbindungen und krächzender Audiowiedergabe zu leben. Insgesamt wurde die digitale Situation im International Office und von der gesamten Hochschule sehr gut bewältigt. Wir haben viel gelernt und unseren Horizont für eine Post-Corona-Ära erweitert. 

Herausfordernd war vor allem auch der Wegfall des Kontakts. Wir betreuen unsere Austauschstudierenden sehr eng, bringen sie persönlich in Spur und hatten das Glück, dass die Einführungswoche schon am 9. März begann. Vor dem Lockdown am 13ten. Dadurch haben wir alle Studierenden tatsächlich noch persönlich kennen gelernt. 

 

Wir haben viel gelernt und unseren Horizont für eine Post-Corona-Ära erweitert. 

 

14 Tage auf 14 Quadratmetern

Fast alle. Eine Studentin, Irene Davi, musste direkt nach Ankunft in Mainz in häusliche Quarantäne, weil sie aus einem Risikogebiet kam. Das ist eine ziemlich taffe Situation. Allein in einem fremden Land, ohne die Sprache, keinen Internetzugang (außer dem Mobiltelefon), 14 Tage auf 14 qm. Puh. Um möglichst engen Kontakt zu halten, habe ich mich sogar in die Niederungen der WhatsApp-Kommunikation herabgelassen. Gemeinsam mit den anderen Incomings und unseren Tutorinnen wurden Einkäufe organisiert und digital Mut zugesprochen. Sie war also in guten Händen. Doof war dann, dass Irene nach fünf Tagen Quarantäne eine WhatsApp an mich schickte, um mir mitzuteilen, dass sie einen entzündeten Weisheitszahn hätte. Das ist im Normalbetrieb schon schwierig. In Coronazeiten ist das ein Worst Case-Szenario. Ich rufe also bei meinem Zahnarzt an, beschreibe die Situation und frage, ob er sich der Sache annehmen kann. Die Antwort war erwartbar. „Nein, nicht ohne Test, aber … kann sie schlucken, ist der Kiefer beweglich, wie stark ist die Wange geschwollen …?“ Irene macht also ein Handyfoto von sich, beantwortet die Fragen und bekommt daraufhin ein Antibiotikum verschrieben, das ich ihr ins Wohnheim bringe. Begutachtet muss es dennoch werden. 

 

Mit drei Telefonen in der Warteschleife

Wie kommt man Mitte März 2020 in Mainz an einen Corona-Test? Die Hotline ist entweder besetzt, bricht nach 50 Minuten ab oder verweist auf die Hausärzte, die wiederum verweisen auf die Hotline oder das Gesundheitsamt oder auf die Uniklinik. Nur der Geduld und Hartnäckigkeit meiner Kollegin, die teilweise mit drei Telefonen gleichzeitig in Warteschleifen festhing, war es zu verdanken, dass wir am Ende einen Temin bekamen. 

Setzt man sich freiwillig mit jemandem ins Auto, der aus einem Risikogebiet kommt? Da Irene seit über zehn Tagen keine Symptome zeigte, war das Risiko überschaubar. Auslöser war ja der Zahn. Also Maske auf, Handschuhe an, alle Fenster runter gekurbelt und ab in die große Langgasse. Dort erwartet einen ein Astronaut, der den Abstrich macht. „Wir rufen Sie morgen so gegen 17:00 Uhr an. Dann bekommen Sie das Ergebnis.“ Anderntags 17:00 Uhr nichts, 18:00 Uhr, 19:00 Uhr, 20:00 Uhr … Mist, die haben uns vergessen. Dann aber, gegen 21:20 Uhr, klingelt das Telefon: „N’Abend, Gesundheitsamt Mainz, der Test von Frau Davi war negativ.“ –  „Prima, vielen Dank! Bekommen wir das auch noch schriftlich, für den Zahnarzt?“ „Nein, dafür haben wir leider keine Zeit“. Wegen der späten Stunde glaube ich das mit der Arbeitsbelastung, und weil der Zahnarzt ein guter Freund ist, glaubt er mir. 

Zwischenzeitlich hatte das Antibiotikum seine Wirkung entfaltet und Irene ging es wieder gut – und so hatte der Weisheitszahn die angenehme Nebenwirkung, dass die Quarantäne beendet war. 

Sie war froh, nach Mainz gekommen zu sein. Ein Auslandssemester unter Corona-Bedingungen ist eben besser als kein Auslandssemester, und auch Irene hat es erfolgreich abgeschlossen. 

Autor: 

Erich Weiler, International Office