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EIN SEMESTER IN REMOTE

„What we don't touch, we can not feel“

Eine Reise ins Ungewisse – etwa so lässt sich das Gefühl beschreiben, das Mitte März eintrat, als klar wurde, dass das Sommersemester 2020 anders werde. Anders als alle vorherigen, nicht nur für die Fachrichtung Kommunikationsdesign, sondern für die ganze Hochschule Mainz.

 

Man sagt, Kommunikationsdesigner seien Problemlöser. Sie gestalten Alltagskultur, sind Schnittstelle zwischen Information und Empfänger sowie konzeptionelle Denker. Was aber, wenn das, was Alltag ausmacht, was ihn individuell definiert, wie gelebte Öffentlichkeit, Kulturveranstaltungen oder spontane Begegnungen, sich mit einem Mal ändert? Dieser Alltag gar schwindet für eine Zeit? 

 

Eine Professorin entdeckte eine Ukulele im Hintergrund einer Studentin und bat diese spontan, ein Lied zu spielen. Sie spielte, der Kurs war begeistert.

 

Wie schon erwähnt, Kommunikationsdesigner sollen Problemlöser sein. So wurden Kurse der Situation entsprechend umgestellt, alles musste remote stattfinden. Aus Exkursionen wurde „Art in Isolation“, und Werkstätten boten teilweise einen Online-Service an. Zoom, das bis Mitte März einfach ein Tool unter vielen war, wurde zum Lebensmittelpunkt: Meetings, Lehre, selbst Freunde treffen, liefen über das blaue Icon mit der weißen Kamera. 

 

Ein Mosaik an Identitäten

Und man lernte schnell: Kurse können online stattfinden. Das, was unmöglich schien, funktionierte auf ebenso hohem Niveau digital. Gruppenarbeiten wurden zu Breakout-Räumen und Slack zum Organisationsmittel für Zwischendurch. 

 

Man lernte auch: Ein digitales Tool kann Intimität erzeugen. Es offenbart Räume ins Private, Einblicke in WG-Zimmer der Studierenden oder ins Wohnzimmer von Kollegen. Eine Professorin entdeckte eine Ukulele im Hintergrund einer Studentin und bat diese spontan, ein Lied zu spielen. Sie spielte, der Kurs war begeistert. Diesen verbindenden Moment hätte es wahrscheinlich so nicht gegeben. So wurden die kleinen Bilder auf dem Screen nicht nur eine Austauschplattform, sondern ein Mosaik an Identitäten, bei dem man sofort kommentierte, wenn sich der Hintergrund änderte.

 

Aber es gab auch Dinge, die fehlten. Darunter die kleinen Flurgespräche, die oft zu neuen Ideen führen. Ein Breakout-Raum kann diesen kostbaren Moment der spontanen Zerstreuung nicht ersetzen. Weil er eben bewusst gesetzt wird, ihm keine Beiläufigkeit innewohnt. Oder das Anfassen und Austauschen von Arbeiten. Kommunikationsdesigner können digital, aber genauso essenziell ist für sie die Haptik. Sei es ein ungestrichenes Munken Pure, die Blindprägung einer Visitenkarte oder der Silbergelatineabzug eines gelungenen Fotos. Menschen sind nun mal taktile Wesen, und wie sangen schon Oasis „What we don't touch, we can not feel“. Und so erging es ja auch den meisten im sozialen Miteinander. Irgendwann wollte man die Menschen auf dem Bildschirm wieder in „echt“ sehen, das Digitale sollte wieder fassbar, erlebbar werden.

 

Daher war es ein glücklicher Umstand, dass der Höhepunkt des Semesters – die Bachelor- und Masterausstellung – mit den Corona-Lockerungen zusammenfiel. Eine kleine Absolventenfeier im LUX-Pavillon sowie ein persönliches Wiedersehen in Kleingruppen wurden möglich und die Reise ins Ungewisse bekam eine positive Ankunft.

Autorin

Mareike Rabea Knevels, Studiengang Kommunikationsdesign