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100 TAGE DIGITALE HOCHSCHULE

- und es hat Zoom gemacht. Ein Erfahrungsbericht des Medien & Lehre-Teams

Das Medien & Lehre-Team (Florence De Boni, Ruwen Schick & Daniel Bayer) ist eine technische und mediendidaktische Beratungsstelle für alle Studierenden und Lehrenden der Hochschule Mainz. In einem kurzen Erfahrungsbericht lässt das Team die letzten 100 Tage Revue passieren.   Situation und Herausforderung  „Was man lernen muss, um es zu tun, das lernt man, indem man es tut.“ Aristoteles Dieses über 2000 Jahre alte Zitat beschreibt für viele Lehrende sicher gut die Lage, in der sie sich gegen Anfang des Sommersemesters 2020 wiedergefunden haben. Die Hochschulleitung reagierte schnell auf die sich ausbreitende Pandemie und gefühlt von einem auf den anderen Tag galt es, die komplette Lehre online stattfinden zu lassen. Die ganze Hochschule stand plötzlich vor einer Herausforderung: Wie können wir es gemeinsam schaffen, den kompletten Lehrbetrieb von jetzt auf gleich online abbilden zu können?  Während einige Lehrende bereits digitale Lehrformate erfolgreich in ihre Lehre integriert haben und daher einen guten Ausgangspunkt hatten, standen andere vor der Herausforderung, gemäß dem eingangs genannten Zitat genau dies möglichst schnell ohne viel Vorerfahrungen zu leisten. Aufgrund des hohen Unterstützungsbedarfs liefen nicht nur unsere Telefone heiß, sondern auch unsere Mail-Postfächer über. Mit unserem Anspruch, alle Anfragen möglichst noch am gleichen Tag zu bearbeiten, lagen unsere Arbeitszeiten fernab der Normalität.

Wir entwickelten den neuen OpenOLAT-Bereich „Kompass für die Online-Lehre“, der allen Lehrenden als zentrale Anlaufstelle mit Anleitungen, Video-Tutorials und Hilfestellungen zu verschiedenen didaktischen Szenarien dienen sollte. Wichtig war es uns dabei, alle Lehrenden mitzunehmen. So entwickelten wir verschiedene Szenarien, die unterschiedliche Level von Medienaffinität berücksichtigten. Noch während des laufenden Semesters begannen wir den Kompass um Materialien und Unterstützungsangebote für die nahende Prüfungsphase zu erweitern. Insbesondere zur Durchführung der Online Open-Book-Klausuren konnten wir gemeinsam mit dem Prüfungsamt des Fachbereichs Wirtschaft eine ausgefeilte Hilfestellung entwickeln, um diese Art der Klausur mit OpenOLAT aus prüfungsrechtlicher Sicht sicher durchführen zu können. Zahlreiche individuelle Video-Konferenzen wurden oft spontan durchgeführt, um mittels Bildschirmfreigabe das eine oder andere Tool live zu erläutern.

 

Lessons learned

Wir haben vonseiten der Lehrenden eine hohe Bereitschaft erlebt, zu improvisieren und gemeinsam Hindernisse zu überwinden. Viele hatten den Mut, Neues auszuprobieren und sind nicht davor zurückgeschreckt, auch mal Rückschläge hinzunehmen. In dieser Zeit haben wir als Team viel Wertschätzung, aber leider auch Ungeduld erfahren.

Als beliebteste Neuentdeckung während des digitalen Semesters sticht für viele Lehrende wahrscheinlich Zoom aus der Menge hervor. Rund 292.000 Stunden[1] wurde Zoom seit Mitte März 2020 an der Hochschule Mainz genutzt. In dieser Zeit könnten Sie sich über 4000 Mal hintereinander alle 73 Folgen von Game of Thrones ansehen und hätten noch genug Zeit, um alle Drehorte der Serie zu besuchen. Das Tool punktete durch seine leichte Bedienbarkeit und nicht zuletzt auch durch seine unübertroffene Übertragungsqualität. Dennoch fehlte für viele der persönliche Kontakt und vor allem Erstsemestern fiel der Start ins Semester ohne persönliche Kontakte schwer.
Bereits vor der Corona-Krise galt videobasiertes Lernen schon lange als Trend, der sich auch während des Sommersemesters 2020 bestätigen sollte. Unterstützung bei der Erstellung von Lernvideos wurde während dieser Zeit verstärkt bei uns angefragt. Viele Lehrende entschieden sich dazu, bereits vorhandene Präsentationen zu vertonen. Die in PowerPoint integrierte Funktion erlaubte es vielen Lehrenden, mit vergleichsweise wenig Aufwand Videoinhalte zu produzieren. Vor allem Lehrende, die zuvor noch nie mit der Produktion von Lernvideos in Berührung gekommen waren, verzeichneten so in kürzester Zeit Erfolge. Andere hingegen wurden kreativ und erarbeiteten in Gemeinschaftsarbeit z.B. ein Set-Up, um sich im leeren Vorlesungsraum selbst aufzuzeichnen.
Nun gilt es, die didaktische Verzahnung von synchroner und asynchroner Lehre in einem didaktisch sinnvollen Konzept einzubetten. Viele Lehrenden tendierten dazu, 90-minütige Präsenzlehrveranstaltungen als ebenso lange Videokonferenz durchzuführen. Hier zeigte sich rasch, dass im virtuellen Klassenzimmer weder dieselbe Spannung und Aufmerksamkeit herrschen noch, dass sich Vertrauen wie in einer Präsenzsituation erzeugen lässt.   Ausblick Viele digitale Tools, die sich in dieser Zeit bewährt haben, werden auch eine Bereicherung sein, wenn die Hochschule wieder zum Normalbetrieb zurückkehren kann. Gute Lehre setzt nicht nur auf eine einzige didaktische Methode oder ein digitales Werkzeug, sondern besticht durch Kreativität und Vielfalt. Auch die nächste Zeit wird coronabedingt von sich ständig verändernden Rahmenbedingungen geprägt sein. Als nächstes gilt es, nach und nach und in allen Fächern zu einem sinnvollen didaktischen Konzept der Verzahnung von Präsenz- und Online-Lehre zu finden. Nicht jede Gruppenarbeit, jede Sprechstunde oder jede Wissensvermittlung muss nur vor Ort oder nur online stattfinden. Stattdessen sollten die unterschiedlichen Vorteile von Präsenz und digitaler Lehre bedarfsgerecht und didaktisch sinnvoll genutzt werden. Wenn Sie uns jetzt fragen: Was sollte bleiben? Es sollte bleiben, dass digitale Lehre Präsenzlehre nicht überflüssig macht. Und es sollte bleiben, dass viele den Mut, den sie gewonnen haben, ebenso wie ihre Experimentierfreudigkeit in die nächste Zeit mitnehmen. Und wenn wir noch einen Wunsch haben dürfen: Nutzen Sie gerne unsere Hilfestellungen und Anleitungen im “Kompass für die Online-Lehre" bereits vor der Kontaktaufnahme mit uns. Nur so können wir gewährleisten, allen Lehrenden die beste Unterstützung bieten zu können. Auch wenn man laut Aristoteles viele Dinge am besten lernt, indem man sie einfach tut, bieten wir allen Interessierten weiterhin die Möglichkeit, mit unseren Unterstützungsangeboten oder im persönlichen Kontakt alles in Ruhe anzugehen.
Autoren: Florence De Boni, Ruwen Schick, Daniel Bayer, Medien & Lehre-Team der Hochschule Mainz   Kompass für die Online-Lehre