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Lehrpraxisprojekt: Prototyp mit Mainzer Stadtwerke AG

Prototypische Konzeption einer Benutzeroberfläche mittels Gestensteuerung für ein Interactive Digital Signage Device / Infoscreen zur Mit­ar­bei­terkommunikation

Digitale Haltestelle für Mainzer Busfahrer

Peter Wirth (Name erfunden) ist Busfahrer bei der MVG Mainz, einem Tochterunternehmen der Mainzer Stadtwerke AG. Die Hälfte seines Dienstes hat er für heute bereits geschafft und betritt die Kantine zum Mittagessen. Kurz vor der Essenstheke biegt er noch einmal ab. Er steht vor einer rechteckigen Säule mit zwei integrierten Bildschirmen und der Aufschrift M-Point, geht frontal auf das Gerät zu und bewegt seine Hand in Richtung des großen Bildschirms. Die Anzeige reagiert sofort und zeigt ihm den heutigen Speiseplan: Es gibt Cordon bleu und Lachslasagne. So oder ähnlich könnte die Mittagspause der MVG-Busfahrer in Mainz künftig aussehen. Denn woher wissen Außendienstmitarbeiter wie beispielsweise Busfahrer derzeit, welche Speisen es heute in der Mensa gibt? Wie erfahren sie, welche Baustelle ihnen auf ihrer Dienststrecke morgen einen Strich durch den Zeitplan machen könnte? Jeder Büroangestellte ist es gewohnt, betriebliche Informationen über das Intranet, einen Mail-Verteiler oder andere Kanäle zu erhalten. Busfahrer ohne stationären Arbeitsplatz, sprich ohne Schreibtisch und PC, haben diese Option nicht. Auch von betrieblichen Neuheiten, Arbeitsanweisungen oder Veranstaltungen erfahren sie maximal über Umwege. Dieses Problem wurde Anton Kirmeier, Geschäftsbereichsleiter Organisation/IT, und Roman Benteler, Referent Digitale Transformation der Stadtwerke Mainz, vor wenigen Monaten bewusst. Sie ersonnen die Idee einer digitalen Informationssäule, welche die interne Kommunikation vereinfachen soll. Zur Ausarbeitung dieses Grundgedankens kontaktieren sie Prof. Dr. Sven Pagel, Professor für Wirtschaftsinformatik und Medienmanagement, den sie über den IT Klub Mainz und Rheinhessen e.V. kennen. Für den Abschlussjahrgang im Bachelor "Medien, IT & Management" sollte dies das Königsprojekt werden. Die Studierenden begannen unter der Anleitung von Sven Pagel samt zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern und in Abstimmung mit Jens Grützner, Referent Kommunikation der Stadtwerke, das 10-wöchige Lehrprojekt "Prototypische Konzeption einer Benutzeroberfläche mittels Gestensteuerung für ein Interactive Digital Signage Device zur Mitarbeiterkommunikation". Die Basis der Konzeption bildete ein physischer Prototyp, konstruiert von Auszubildenden der Stadtwerke in Zusammenarbeit mit der COUNT+CARE GmbH & Co. KG Darmstadt, dem strategischen IT Partner der Mainzer Stadtwerke, unter Leitung von Antonio Jorba der dort ein eigenes Innovationslab aufgebaut hat. Zur Entwicklung des Software-Prototypen und für die Gestaltung des Geräte-Prototypen 2.0 bildeten die 26 Studierenden sechs Arbeitsgruppen auf Basis der jeweiligen Kompetenzfelder und Ausbildungsberufe:
  • Team Anforderungserhebung (Lena Awenius, Johannes Jung, Alexander Kaiser, Simon Schmitt) ermittelte mit Hilfe von Umfragen und Interviews die Bedürfnisse und die Interessen seitens der Busfahrer und des Managements.
  • Team Informationsarchitektur (Jan Malte Berg, Sascha Domidian, Julia Kleiner, Lisa Povenz, Alexander Schmitt) entwickelte eine intuitive Navigationsstruktur, für die lediglich Handgesten in die vier Himmelsrichtungen nötig sind, sowie das Layout der Anwendung.
  • Team Gestensteuerung (Steffanie Glöckner, Andreas Kalla, Christopher Kern, Alexander Mümpfer, Daniel Smint) war zuständig für die technische Umsetzung mittels Leap Motion, einer sensorgesteuerten Hardware-Lösung zur Realisierung der Navigation durch Handbewegungen. Hierzu wurde ein eigenständiges Modul für webbasierten Content entwickelt, was auf einem, in der Leap Motion-Welt neuartigen Paradigma der Zonenanalyse basiert.
  • Team Backend und Frontend (Thoma Alba, Christos Frantzis, David Lambauer, Andreas Panek, Gerrit von Seemen) war für die Auswahl und Implementierung des cloudbasierten (AWS-Cloud) und auf die Nutzeranforderungen bezüglich Usability, Skalierbarkeit und Sicherheit zugeschnittenen Backends zuständig. Außerdem galt es, das komplexe Gestensteuerungsmodul mit den allgemeinen Navigationsanforderungen in einem Standard-CMS-System (WordPress) zu vereinen.
  • Team Tutorial (Marleen Ackermann, Jessica Kerr, Lucas Lenhart) produzierte Kurzvideos, welche die nötigen Handbewegungen und die daraus resultierenden Funktionen visuell erklären. Zudem wurden Making-of-Videos für die Hochschul-Website produziert.
  • Team Projektmanagement (Monique Fonfara-Weinberg, Dennis König, Klaus Pagel, Melanie Petry) sorgte für einen organisierten und reibungslosen Projektablauf, das Einhalten des Zeitplans und die Koordination der Teams unter dem Einsatz moderner SaaS-Tools (u.a. Trello) und Best-Practice-Techniken (u.a. Kanban).
Der Studiengang "Medien, IT & Management" verbindet drei Kompetenzfelder. Dieses Lehrprojekt gab jedem der Studierenden die Möglichkeit, seine Kernkompetenz einzubringen: Die Gestalter konzipierten eine Benutzeroberfläche, die Programmierer entwickelten die Software und stellten die Systemintegration sicher, die Kaufleute hatten die Zielgruppenanforderungen im Blick und brachten bei sechs parallel arbeitenden Gruppen die nötige Ordnung in das Projekt. Neben dem Speiseplan und aktuellen Informationen zur Fahrtstrecke, sollen die Mitarbeiter zukünftig auch Arbeitsanweisungen, News zum Unternehmen und aktuelle Projekte des Managements, wie beispielsweise die Entstehung der digitalen Informationssäule M-Point in Kooperation mit der Hochschule Mainz, abrufen können. Damit greift diese Prototyp-Entwicklung die neue Dachmarke "M" der Stadtwerke auf. Am 9. Dezember 2017 machten die Studierenden dann Halt. Eine Stunde lang stellten sie ihre Arbeit und die Ergebnisse vor. Das Highlight war die praktische Präsentation der Benutzeroberfläche direkt am Prototypen. Einer der Studierenden mimte den Busfahrer, um den Praxis-Transfer möglichst realitätsgetreu erlebbar zu machen. Anton Kirmeier, der Initiator des Projekts, war mit der Umsetzung sehr zufrieden: "Solch ein Output in zehn Wochen habe ich noch nie erlebt. Das ist wirklich beeindruckend." Und Roman Benteler denkt bereits an die Umsetzung: "Das ist echt Wahnsinn! Ich freue mich, dass wir das jetzt mitnehmen und testen können." Aus diesem Lehrprojekt sollen sich nun weitere Forschungs- und Praxiskooperationen von Mainzer Stadtwerke AG und Hochschule Mainz ergeben. Anknüpfungspunkte hierzu bietet auch der "Gutenberg Digital Hub", der derzeit durch Institutionen und Unternehmen der Region aufgebaut wird.